Landhaus in der Wische Bed & Breakfast und Café Diele am Deich (Foto anklicken um auf WEB Seite zu gelangen)

29.12.11 - Erste Post vom Amt

War ja klar - kurz vor Jahresende kommt doch noch ein Brief aus Perleberg. Erschreckend finde ich, dass sich mein Magen jedesmal ganz flau anfühlt, wenn ich den Absender Landkreis Prignitz lese. Wie früher, wenn ein blauer Brief aus der Schule ankam (nicht, dass ich je einen bekommen hätte!). Förmlich und im gewohnten Amtsdeutsch wird der Eingang unseres Bauantrages bestätigt und uns mitgeteilt, dass der Antrag unvollständig sei und die fehlenden Unterlagen bis zum 24.01.2012 nachzureichen seien, da sonst - Zitat (ebenfalls dick hervorgehoben):
Werden die Mängel nicht innerhalb der o.g. Frist behoben, gilt der Antrag gemäß § 63 (2) BbgBo als zurückgenommen“.
Obwohl wir vorher telefonisch nachgefragt haben, welche Unterlagen eingereicht werden sollen und wir den Antrag persönlich abgegeben haben. Alleine die kurze Fristsetzung empfinden wir als Schikane, denn die meisten Firmen und auch unser Architekt sind erst Mitte Januar wieder aus dem Urlaub zurück. Daher müssen wir nun untertänigst um Fristverlängerung ersuchen.
Lesen Beamte eigentlich ihre eigenen Briefe oder versuchen sie auch nur ansatzweise, sich in die Menschen hineinzuversetzen, denen sie all diese Forderungen zusenden? Wieviel Geld wohl in Schulungen gesteckt wird, in denen man lernt, solche unverständlichen und unfreundlichen Briefe zu schreiben? Im Grunde ist er eine einzige Drohung mit Befehlen, die man zu erfüllen hat, da man ansonsten standrechtlich erschossen wird. 

Und noch etwas fällt mir auf. Ich habe in den letzten zwei Wochen keinen einzigen Brief und keine Email bekommen - ob von Banken, Steuerberater, Handwerksbetrieben und Firmen, mit denen wir zusammenarbeiten - die uns nicht einen guten Start ins neue Jahr gewünscht hätten und sich für die gute Zusammenarbeit bedankt haben. 
 
Das haben Ämter allerdings wohl nicht nötig! Frohes neues Jahr!






Die Geschichte der "archäologischen Baubegleitung"

Dass unser altes Haus unter Denkmalschutz steht, wurde uns beim Kauf mitgeteilt. Dass allerdings die gesamte Lenzerwische ein Bodendenkmal ist, gelistet unter der Nummer 110098 „Bereich Siedlung der Neuzeit - mittelalterlicher/frühneuzeitlicher Ortskern Besandten“ erfuhren wir erst, als unserem Bauantrag des neuen Hauses u.a. nur mit archäologischer Baubegleitung stattgegeben wurde.

Daraufhin haben wir uns die Liste aller Bodendenkmäler in Brandenburg im Internet angeschaut und festgestellt, dass Besandten und o.a. Nummer dort nicht erscheinen. Und obwohl die Denkmalschutzbehörde lt. Gesetz dazu verpflichtet ist, Eigentümer schriftlich davon in Kenntnis zu setzen, wenn ihr Grundstück ein Bodendenkmal ist und zusätzlich unser Architekt vor Einreichung des damaligen Bauantrages auf dem Amt in Lenzen nachfragte, ob für unser Baugrundstück irgendwelche Beschränkungen o.ä. vorliegen, hat uns niemand informiert. Erst am 30.09.2010 nach Einreichung unseres Widerspruchs erhielten wir dann plötzlich eine Kopie über die  

„Öffentliche Bekanntmachung über die Eintragung in das Verzeichnis der Denkmale (Bodendenkmal) Fundplatz 1 - Gemarkung Besandten Bd.-Nr. 110098“  
im Lenzener Amtsblatt Nummer 11/ Woche 44 vom 31.10.2003.

Dass formelle Fehler auf Seiten der Behörden nachweislich stattfanden und für uns dadurch erhebliche Mehrkosten entstanden, interessiert den Gesetzgeber aber nicht. Denn die Denkmalseigenschaft ergibt sich konstitutiv aus der gesetzlichen Regelung, die Eintragung in ein öffentliches Verzeichnis erfolgt nur noch nachrichtlich, d.h. es haftet niemand und wir sind die Dummen. Es steht zwar auch im Gesetz, dass eine Maßnahme die Zumutsbarkeitsschwelle nicht überschreiten darf, sonst sei sie rechtswidrig. Doch was Zumutbarkeit letztendlich bedeutet, kann dann nur vor Gericht geklärt werden. Und das ist immer ein langwieriger, nervenaufreibender und kostspieliger Rechtsstreit.

In unserer Baugenehmigung vom 12.08.2010 bekamen wir also folgende Auflagen:

  • bei allen Grabungen für das Fundament muss ein von der Denkmalfachbehörde anerkannter Archäologe, ein Zeichner und zwei Grabungshelfer vor Ort sein, um nach einem vorher erstellten Konzept die Ausgrabungen dokumentieren und beobachten zu können
  • angeschnittene und über die Baufläche hinausreichende archäologische Befunde sind den Umständen des Einzelfalles auf Verlangen der Denkmalfachbehörde vollständig zu untersuchen und zu dokumentieren
  • der Grabungsleiter bestimmt vor Ort im Einvernehmen mit der Denkmalfachbehörde Art und Umfang der jeweils vorzunehmenden Maßnahmen.
  • eine Dokumentation in Form von Grabungsbüchern, Befundbeschreibungen, Befundzeichnungen, maßstabsgerechten Plänen und Vermessungsunterlagen sowie Schwarz-Weiß-Fotos und Farbdiapositiven sind anzufertigen.
  • alle beweglichen Bodendenkmale sind nach Maßgabe der Denkmalfachbehörde zu reinigen, ordnungsgemäß zu verzetteln, listenmäßig zu erfassen sowie zu beschriften und der Behörde zu übergeben
  • für alle Abtragsarbeiten kommt aus Gründen des Denkmalschutzes nur ein Hydraulikbagger mit schwenkbarem Böschungshobel in Frage. Sollten während der Abtragsarbeiten archäologische Einzelfunde freigelegt werden, die tiefer liegen, ist nach erfolgter Dokumentation für die dauerhafte Erhaltung dieser Objekte u.U. durch den Einbau von Geotextil Sorge zu tragen
  • die Dokumentationsarbeiten sind u.U. einzustellen, wenn eine ordnungsgemäße Dokumentation durch extreme Wetterlagen (Überschwemmungen, extrem hohe Grundwasserstände, Dauerfrost, starker Schneefall) nicht mehr möglich ist
  • alle anfallenden Kosten trägt der Verursacher/Bauherr, finanzielle Hilfen vom Land gibt es nicht mehr.
Von der Denkmalfachbehörde wurde uns ein Archäologe empfohlen und in der Baugenehmigung namentlich genannt. Das Angbebot enthielt allerdings nur die Stundensätze des Archäologen,seiner Mitarbeiter sowie des Baggers und der sonstigen Ausrüstung. Da aber schriftlich festgelegt wurde, dass immer vor Ort entschieden wird, welche weiteren Maßnahmen getroffen werden müssen, hat unser Architekt hochgerechnet, wie hoch im schlimmsten Fall die Kosten steigen könnten. Sollte also tatsächlich etwas archäologisch Interssantes - und das liegt im Ermessen des Grabungsleiters - gefunden werden, so kamen wir auf einen Betrag von über 80.000,-- € brutto, von der zeitlichen Verzögerung bzw. Stillegung der Baumaßnahmen ganz zu schweigen.

Daraufhin legten wir im September 2010 Widerspruch ein und unser Neubau kam erst einmal zum Stillstand. In weiteren Gesprächen mit der Denkmalschutzbehörde versuchte man unsere Bedenken zu zerstreuen und sagte, es wären bei früheren Baumaßnahmen noch nie solche Kosten entstanden, aber schriftlich wollte man sich auch nicht auf eine Höchstgrenze festlegen. Außerdem erfuhren wir, dass wir das erste Bauvorhaben in der Lenzerwische sind, welches nicht auf einer bereits bestehenden Warft gebaut werden soll. Es stellte somit für die Archäologie einen Glücksgriff dar, da dies tatsächlich die ersten Grabungen in der Lenzerwische wären, die wir finanzieren müssten. Logischerweise liegt es auch nicht im Sinne des Archäologen, die Grabungen so kurz wie möglich zu gestalten, denn davon hängt letztendlich sein Verdienst ab.

Daraufhin wollten wir eine Probegrabung beauftragen um in etwa abschätzen zu können, ob sich in unserem Baufeld überhaupt archäoloigsche Artefakte befinden. Doch auch diese Probesondierung sollte schon fast 4000,-- € kosten und wäre bei Auftragserteilung auch nicht verrechnet worden. Zusätzlich waren die eingezeichneten Querschnitte so ungünstig platziert, dass das Restrisiko viel zu groß war.

So beschlossen wir schließlich, unser Haus auf Pfähle zu stellen, um die Eingriffe in den Boden so gering wie möglich zu halten. Dies war zwar ebenfalls mit Mehrkosten verbunden, doch konnten wir diese exakt beziffern und der Denkmalschutz kam uns in Umfang und Ausmaß der archäologischen Begleitung schließlich auch entgegen. Wir erhielten nun schriftlich die Bestätigung, dass die archäologischen Arbeiten mit 3 Arbeitstagen bei einer Arbeitszeit von 8 Stunden mit einem Archäologen und einer Hilfskraft abgegolten wären. Zusätzlich musste die aus den Bohrungen entnommene Erde häufchenweise gelagert werden, um diese dann genau untersuchen zu können.

Mit dieser Lösung waren wir einverstanden. Als wir den ursprünglich vom Amt gewünschten Archäologen um ein neues Angebot baten, teilte er uns mit, dass er bei diesem geringen Umfang nun die Preise für die Stundensätze nicht halten könne. Daraufhin suchten wir uns einen neuen Archäologen, der die komplette Baubegleitung dann für knapp 3000,-- € durchführte.

Eines ist uns bei dieser Aktion allerdings klargeworden. Eine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung wird in der Lenzerwische unter diesen Voraussetzungen nur schwer möglich sein. Die Gegend wird im Grunde zu einem Museumsdorf degradiert und das eigene Leben der Menschen und ihre Zukunft treten völlig in den Hintergrund. Uns hat diese Aktion, nachdem wir am 23.02.2011 endlich unsere Änderungsgenehmigung und Baufreigabe bekamen, sieben Monate, viele schlaflose Nächte und rund 14.000,-- € zusätzlich gekostet. Gefunden wurden übrigens lt. Aussage des Architekten Überreste einer Feuerstelle und Knochen von Haustieren!

Abschließend möchte ich trotzdem noch sagen, dass mein Mann und ich uns immer für Geschichte und Archäologie interessiert haben. Grundsätzlich finden wir es wichtig, Altes zu bewahren, zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Auch der Lenzerwische tut es langfristig sicher gut, wenn Bauvorhaben überwacht und die ländliche Idylle nicht mit fremdartigen Bauwerken zerstört wird. Aber es sollte für die Menschen auch umsetzbar, bezahlbar und sinnvoll sein. Und vor allem hätte ich vom Denkmalschutz anstelle der vielen Forderungen mehr Aufklärung und Zusammenarbeit erwartet. Konkrete Hilfe bei der Planung, Gestaltung und Umsetzung unseres Projektes - wie es eigentlich im Gesetz steht - haben wir bisher zu keinem Zeitpunkt erhalten. Anwohner haben uns inzwischen von einigen Bauvorhaben in anderen Orten berichtet, die wegen dieser Schwierigkeiten nicht zustande kamen. Schade!


ohne Worte!